Haushaltsrede 2022 des Fraktionsvorsitzenden der SPD Fraktion, Armin Welteroth
von Georg Neubert (Kommentare: 0)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Götzmann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, meine Damen und Herren,
Bewährtes erhalten und Neues wagen ist seit Jahren der Leitsatz der SPD-Fraktion, den wir auch bei den Haushaltsberatungen 2022 beherzigt haben. Sowohl das Neue als auch jenes was sich bewährt hat muss finanzierbar sein. Wir müssen stets den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des Haushaltsrechts beachten.
Vor zwei Jahren wurde eine Haushaltsstrukturkommission installiert, die u.a. hierauf Antworten finden sollte. Wir müssen ernüchternd feststellen, dass die Haushaltsstrukturkommission als Tiger gesprungen, und als Bettvorleger gelandet ist. Die Einnahmesituation konnte durch die beschlossene Zweitwohnungssteuer und die Konzessionsabgabe für Wasser marginal verbessert werden, bei den laufenden Ausgaben wurde pauschal gekürzt, es ist aber komplett misslungen, eine nachhaltige Aufgabenkritik durchzuführen. Wir müssen uns daher alle selbstkritisch fragen, weshalb uns kein großer Wurf gelungen ist.
Die Haushaltsberatungen waren konstruktiv, auch die Freien Wähler haben entgegen ihrer vorherigen Ankündigung, Haushaltsanträgen nur zuzustimmen, wenn gleichzeitig Einsparungen vorgenommen werden, vieles mitgetragen, was von anderen Fraktionen eingebracht wurde und durch den Kollegen Schmieder auch eigene Vorstellungen eingebracht. Es wurde deutlich, dass wir alle gemeinsam, so unterschiedlich auch unsere politischen Wertvorstellungen sind, unseren Bürgerinnen und Bürgern etwas bieten möchten. Die Schließung von Einrichtungen oder das Streichen von Mitteln ist für uns alle nur die Ultima Ratio.
Unsere Stadt ist finanziell und strukturell nicht auf Rosen gebettet und die alljährlichen Haushaltsberatungen sind kein Wunschkonzert, andererseits ist es trotz aller Unkenrufe wieder gelungen einen Haushalt mit einem Volumen von fast 60 Millionen zu beraten und zur Beschlussfassung vorzulegen und, was bemerkenswert ist, dies alles, wie auch in den Jahren zuvor, ohne neue Kredite aufzunehmen.
Wir haben nicht zum ersten Mal erlebt, dass nichts so alt ist, wie die Haushaltsprognose von gestern. Die Kreisumlage ist etwas geringer, wie noch Ende November befürchtet, die Einnahmesituation hat sich an der einen oder anderen Stelle auch verbessert, und wir können mit zusätzlichen Grundstückserlösen rechnen. Darüber hinaus werden wir werden wohl am Ende des Jahres wieder ernüchternd feststellen, dass einiges nicht verwirklicht wurde, was geplant war. Wir möchten mit dieser Einschätzung keineswegs unserem Kämmer widersprechen, der gebetsmühlenartig auf die kommenden schwierigen Jahre verweist. Es ist uns bewusst, dass wichtige Investitionen, wie der Stadionneubau, die Sanierung von Hallen, ein neues Feuerwehrgerätehaus in Buchholz, der Jünglingssteg, und vieles mehr nur möglich gewesen ist und zu realisieren sein wird, durch Grundstückserlöse, wie z.B. am Ebertle. Dies wird nicht jedes Jahr möglich sein und es ist im Übrigen auch nicht die beste Lösung, Vermögen zu verkaufen. Wir schlagen deshalb vor, städtische Grundstückspolitik langfristiger anzulegen. Es ist nicht gut von der Hand in den Mund zu leben. Welche Grundstücke sollen auch zukünftig im städtischen Eigentum bleiben, wo bietet es sich an, Grundstücke oder Gebäude zu verkaufen, und wo sollte es uns gelingen Grundstücke zu erwerben. Darüber sollten wir gemeinsam diskutieren.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle aus aktuellem Anlass, einen kurzen Ausflug zum Ebertle. Es ist absolut inakzeptabel, dass durch den Bauherren Bäume gefällt wurden, die nicht hätten gefällt werden dürfen und darüber hinaus auch gesund waren. Wir bedanken uns bei der Verwaltung für deren rasche Reaktion, und haben heute auch zur Kenntnis genommen, dass sich der Bauherr entschuldigt und die Verantwortung übernommen hat. Wir erwarten nichtsdestotrotz noch eine schriftliche Stellungnahme seitens der Verwaltung, welche und wie viele Bäume letztendlich bei einem korrekten Vorgehen erhalten geblieben wären. Dies ist uns noch nicht klar und eine abschließende Bewertung eines solchen Vorgangs ist erst möglich, wenn der Sachverhalt umfassend bekannt ist.
Erlauben Sie mir auch noch eine persönliche Anmerkung.
Ich war, wie viele andere auch, emotional berührt und schockiert, als ich letzte Woche abends auf meinem täglichen Heimweg an einem kahlen Bergrücken vorbeigefahren bin. Das kleine Wäldchen, wo nicht nur meine Kinder, sondern auch ich selbst noch vor 50 Jahren gespielt haben, ist unwiederbringlich verloren. Das ist traurig und es ist zu verstehen, dass dies auch Reaktionen hervorruft. Einen kurzen Moment habe ich gezweifelt, ob es die richtige Entscheidung war, dort ein Wohngebiet zur ermöglichen. Wir müssen Emotionen zulassen, dürfen uns aber bei unseren Entscheidungen, nicht von diesen leiten lassen. Das lernten uns schon die Stoiker. Wir müssen uns den Herausforderungen stellen und nach Abwägung sämtlicher Argumente eine Entscheidung treffen.
So ist nun möglich durch die Grundstückserlöse wichtige Investitionen zu tätigen, und auch den stetig wachsenden Wohnungsbedarf zu decken. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in der Bundesrepublik lag 1990 bei 32 m² und 2020 bei 47 m². Wir werden diesen Trend nicht aufhalten, so sehr wir uns dies wünschen. Im Gegenteil; wir müssen den Wohnbedarf befriedigen, können aber durchaus deutlich machen, dass gerade in solchen Zeiten z.B. Einfamilienhäuser nicht mehr die richtige Lösung sind.
Gerade deshalb möchte ich nochmals um Einsicht werben, dass dies ein notwendiges und gutes zukunftsweisendes Projekt ist. Lassen Sie uns trotz aller Sentimentalitäten, und berechtigter Kritik an der Art und Weise der Baumfällaktion, das Neue konstruktiv begleiten, anstatt Horrorszenarien zu entwickeln, die nicht viel mit der Realität zu tun haben, und häufig auch von Egoismen geleitet sind.
Nun, nach diesem Ausflug, zurück zum Haushalt.
Wir möchten wiederholt ausdrücklich dafür werben Sponsoringkonzepte zu entwickeln, wie auf unseren Antrag hin, bereits im letzten Jahr für die Musikschule beschlossen und für den Stadionbau angedacht. Wir sollten dafür werben, dass Sparguthaben, die sicher auch in Waldkirch in den letzten Jahren angewachsen sind, sinnstiftend in unseren Einrichtungen gut angelegt sind.
Was tun wir 2022 konkret für eine lebendige, aktive, nachhaltige und soziale Stadt und welche konkreten Herausforderungen warten die nächsten Jahre auf uns?
Kulturelle Vielfalt ist wünschenswert. Wir freuen uns, dass die Städtepartnerschaften auf unseren Antrag hin öffentlich und transparenter dargestellt werden sollen. Im vergangenen Jahr wurde leider nicht alles umgesetzt, was im kulturellen Bereich von uns beantragt und vom Gemeinderat in den Haushalt eingestellt wurde, weshalb wir uns für dieses Jahr eine kulturelle Offensive wünschen. Gerne möchten wir ausdrücklich für Kultur im öffentlichen Raum werben. Kultur für Alle und möglichst da, wo die Menschen auch hingehen.
Einkaufen ist attraktiv, wo eine gute Aufenthaltsqualität vorhanden ist, wo man Flanieren kann und andere Menschen trifft. Sanierungsmöglichkeiten ausloten ist daher zu befürworten, besser sind konkrete Pläne, die wir für die Ortsmitte in Kollnau wiederholt einfordern. Wir sind überzeugt, dass der Marktplatz und die Innenstadt nach dem Neubau des jetzigen Volksbankgebäudes noch attraktiver wird Es ist bei diesem Projekt, wie häufig im Leben, wir müssen uns zuerst anstrengen und auch Einschränkungen hinnehmen, um später die Früchte zu ernten. Wir appellieren deshalb an die Werbegemeinschaft das Projekt konstruktiv zu unterstützen, und nicht mit unsachlichen Argumenten, Staatsbedenkenträger zu spielen. Stillstand ist gerade hier Rückschritt.
Wir wollen Sporthallen und Sportanlagen, die nicht auseinanderfallen und heutigem Standard entsprechen. 2022 kommt endlich die Stadthalle, 2023 erwarten wir sehnlichst den Umbau des Stadions. Was wir brauchen ist darüber hinaus eine Bestandsaufnahme und eine langfristige Planung für sämtliche städtischen Gebäude.
Die SPD-Fraktion wünscht sich eine unbeschwerte Badesaison mit Öffnungszeiten von früh bis spät und an sieben Tagen in der Woche. Entscheidend ist hierfür die Personalgewinnung. Diese ist nicht nur beim Schwimmbad ein Thema, sondern gewinnt allgemein an Brisanz, weshalb ich hierauf noch gesondert eingehen werde. Im Übrigen sollte es vertretbar sein, die Eintrittspreise unter den oben genannten Voraussetzungen angemessen anzuheben. Wir bieten den Gästen ein attraktives Schwimmbad und die Eintrittspreise sind im Vergleich zu anderen Bädern unter dem Durchschnitt.
Eine klimafreundliche Mobilität für Alle ist unser Ziel. Das in Auftrag gegebene Radwegekonzept muss vorangetrieben werden, sobald es vorliegt und diskutiert wurde. Wir sind jedenfalls gespannt darauf.
Beim Ausbau des Radschnellwegs bei Suggental gibt es Zielkonflikte. Hier müssen Lösungen gefunden werden. Weshalb sollte es nicht möglich sein, die Verbindungsstraße zwischen Suggental und Waldkirch ausschließlich für Anwohner und Radfahrer freizugeben, ansonsten für jeglichen anderweitigen Verkehr zu sperren? Kreative und unbürokratische Lösungen sollten gefunden werden, um alternative teure und beeinträchtigende Eingriffe am oder in der Nähe des Elzdammes zu vermeiden. Die eingesparten Kosten, lassen wir uns dann an die Stadtkasse auszahlen.
Der neue Bürgerbus ist ein weiterer Mosaikstein für eine klimafreundliche Mobilität. Die neu ausgebaute S-Bahn macht deutlich, dass es für ein attraktives Angebot nicht ausreichend ist, eine gute Infrastruktur zu bauen, sondern vor allem auch Herzblut, und die Bereitschaft der Menschen zugunsten der Umwelt auf lieb gewonnenen Gewohnheiten zu verzichten.
Wir haben uns die soziale Stadt seit über 20 Jahren auf die Fahnen geschrieben. Was zeichnet eine soziale Stadt aus und was müssen wir hierfür tun?
Qualifizierte Betreuung in Kindergärten und Schulen und ausreichend Plätze sind mittlerweile über alle Fraktionsgrenzen hinweg selbstverständlich. Es wird auch 2022 kräftig investiert, so beim St. Vinzenz und beim St. Carolus. Wir brauchen, auch angesichts der neu auszuweisenden Baugebiete noch mindestens einen weiteren Kindergarten und zeitnah auch den Neubau des Regenbogens. Die Verwaltung möge hierzu rechtzeitig Konzepte vorlegen.
Es ist auch ein gutes Zeichen, dass das Gespräch mit den Vereinen gesucht wird, um die Zukunft des Vereinshauses zu besprechen. Es sollte aber auch deutlich werden, dass wir neben guten Ideen und viel Herzblut auch die notwendigen finanziellen Mittel brauchen, um dies umzusetzen.
Die Spielplätze müssen ausreichend, vielfältig und sicher sein. Es ist erfreulich, dass der Antrag der DOL eine Mehrheit gefunden hat, die Skateranlage gemeinsam mit den Jugendlichen auf den neuesten Stand zu bringen
Die Entwicklung der Baugebiete Elzschleife, Uhingen und Faller bietet uns neue Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere aber auch die Chance, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die SPD-Fraktion hat hierzu zahlreiche Anträge gestellt und Papiere entwickelt, weshalb ich hierauf verweisen kann, um Wiederholungen zu vermeiden. Es ist ein gutes Zeichen, dass unser Antrag, das Stadtbauamt angesichts der anstehenden Aufgaben, auch personell angemessen auszustatten, eine Mehrheit gefunden hat.
All dies, was wir uns für 2022 und danach vornehmen, wird nur gelingen, mit ausreichend qualifiziertem und motiviertem Personal. Wir nehmen wahr, dass unsere MitarbeiterInnen vielfach am Anschlag arbeiten, gerade in diesen Zeiten. Vielen Dank an für ihren großartigen Einsatz, nichtsdestotrotz erlauben wir uns auch zukünftig konstruktive Kritik. Wir haben in den Haushaltsberatungen sehr kurz die schwierige Personalgewinnung gestreift. Dies wird in den nächsten Jahren aufgrund des demographischen Wandels nicht einfacher. Es bedarf daher zukünftig neuer Wege in der Personalgewinnung. Social Media ist hier nur ein Stichwort, ein anderes ArbeitgeberBranding. Wir möchten die Verwaltung nicht nur ermutigen, sondern dazu auffordern, sich hier gut aufzustellen, und an der einen oder anderen Stelle auch Kooperationen mit anderen Kommunen anzustreben.
Wir werden dem Haushalt zustimmen, weil auch in diesem Jahr wieder vieles verwirklicht werden kann, was eine lebenswerte Stadt ausmacht. Wir bedanken uns bei den engagierten Mitarbeiterinnen in der Verwaltung und beim OB für die gute Vorarbeit und bei allen Fraktionen für die konstruktive Diskussion und können feststellen, dass im Gemeinderat Waldkirch, um die besten Lösungen fair gerungen wird, stets mit Respekt vor der anderen Meinung. Herzlichen Dank hierfür an die Kolleginnen und Kollegen.
Waldkirch, 26.01.2022
Armin Welteroth
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